Coaching kann vieles bedeuten. In der Pferdewelt gibt es einerseits Coaches von Sportequipen, andererseits aber auch Trainer im Horsemanship- und Reitbereich, welche sich modern „Coach“ nennen. Früher hätte man diese einfach „Reitlehrer:innen“ genannt. Dabei ist aber noch nichts über die Methoden gesagt, welche diese „Coaches“ anwenden. Vom harten Pushen über die Grenzen, dem schonungslosen Thematisieren von Defiziten über das Analysieren und Erteilen von Ratschlagen bis zum sanften bis esoterischen „Wohlfühl-Coaching“ ist auf dem Markt inzwischen alles anzutreffen. Einige „Coaches“ arbeiten auch selber mit dem Pferd, andere unterstützen die Reiter und Reiterinnen vorwiegend vom Boden aus. Wie passt hier das Equosystem-Coaching hinein? Equosystem-Coaching ist systemisches Coaching. Hier erfährst du, was mit systemischem Coaching gemeint ist und warum ein solches Coaching in vielen Situationen einen Mehrwert bietet.

Ein Coaching ohne Ratschläge

Im Coaching kann man grundsätzlich zwischen Fachberatung/Training und systemischem Coaching unterscheiden. Salopp gesagt: Brauche ich Zusatzwissen, welches ich selber nicht habe oder geht es darum, dass ich mit meinen eigenen Mitteln besser meine Ziele erreiche? Im Pferdebereich geht es traditionell fast ausschliesslich um Fachberatung.

Ein Fachberater oder eine Trainerin vermittelt dir Wissen oder Fertigkeiten, welche du selber (noch) nicht besitzst, sei es in der Pferdeernährung, beim Einreiten eines Jungpferds, beim richtigen Sitz und Hilfen oder bei der Vorbereitung auf eine S-Dressur. Er oder sie bewegt sich im Bereich der Standards („so wird es gemacht, so ist es richtig“) und/oder kennt seine Domäne der Regel durch jahrelange Erfahrung in- und auswendig. Der eigene Leistungsausweis ist dabei zentral.

Für komplexe Situationen, in denen mehrere Menschen involviert sind, wurde die systemische Beratung entwickelt (z.B. Paar- und Familientherapie, Teamentwicklung, Führungscoaching). Hier gibt es oft keine Standardlösungen. Das ist das Feld der systemischen Beratung: Eine Lösung für eine Problemsituation ist nur dann nachhaltig, wenn sie von den Betroffenen selber gefunden und im Alltag umsetzbar ist. Systemische Coaches unterstützen diesen Prozess und machen eher das implizite Wissen der Coachees nutzbar, als selber Ratschläge zu erteilen. Diese Haltung habe ich im Equosystem-Coaching auf das System Mensch-Pferd übertragen: Der Mensch soll in der komplexen Interaktion mit dem Pferd Lösungen finden, welche für seine spezielle Situation anwendbar und nachhaltig sind.

Mit dem Coach in den „Spiegel des Pferdes“ schauen

Coaching ohne Ratschläge – was ist denn hier der Mehrwert? Als Führungskraft/Pferdemensch kann ich ein Problem mit meinen Mitarbeitenden oder meinem Pferd oft alleine lösen. Wenn die Probleme wieder und wieder auftreten, probiert man alles mögliche aus. Oft fehlt aber die Zeit für fokussiertes Nachdenken und Reflexion. Mit der Zeit stellen sich leise Zweifel ein: Bin ich eine schlechte Reiterin? Warum gerade bei mir? Warum raubt mir das soviel Energie? Soll ich das Pferd verkaufen? Ein Einzelcoaching kann hier auf viele Arten helfen:

  • Dein Termin mit dem Coach ist fixiert – du nimmst dir bewusst Zeit für das Problem.
  • Du kann als Coachee innerlich loslassen. Dein Coach kümmert sich darum, dass der Fokus nicht verloren geht und Relevantes wirklich besprochen wird.
  • Die Situation wird mit Hilfe des Coachs ganzheitlich ausgelotet, blinde Flecken möglichst neutralisiert und alternative Sichtweisen aufgedeckt.
  • Dein Coach hilft dir konstruktiv dabei, vorhandene Ressourcen zur Bearbeitung des Problems aufzudecken und zu mobilisieren
  • Du wirst dazu angeregt, die gefundenen Lösungen in deinem Alltag zu verankern. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch wirklich etwas geschieht.

Worum geht es eigentlich?

Turnierpferd und Reiterin mit je eigenen Interessen - ein Coaching wäre nützlich!

Coach und Pferdemensch können so im Gespräch herausfinden, worum es in der Beziehung eigentlich geht. Warum reitet die Coachee überhaupt, was motiviert sie? Wann genau hört das Pferd nicht zu? Und wann doch? Möglicherweise wäre das Problem mit dem Pferd gar nicht so wichtig, wenn der Stress im Beruf nicht so hoch wäre? Hier hilft der Austausch mit dem Coach, eigene blinde Flecken zu überwinden. Oft beisst man sich in eine Sichtweise fest und verliert so den Blick auf das Ganze. Der entscheidende Punkt ist, dass der Coach der Coachee zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Fragen stellt. Fragen helfen nicht nur, die Coachee ihrem Ziel einen Schritt näher zu bringen, sondern auch beim Herausfinden, was das Ziel überhaupt sein könnte.

Zusammenfassend: Systemisches Coaching geht davon aus, dass wir auch in der Beziehung zu unserem Pferd „blinde Flecken“ haben. Diese verhindern oft, dass wir die Lösungen, die wir eigentlich schon kennen, auch wirklich umsetzen können. „Das Pferd ist dein Spiegel“ heisst eine bekannte Weisheit. Im Equosystem Coaching können wir behutsam in diesen Spiegel gucken. Die Erkenntnisse daraus helfen uns für ein nachhaltiges Miteinander mit dem Pferd.

Hier findest du einige wichtige Fragen und Antworten, wie ein Equosystem-Coaching konkret abläuft.